Gold Award: 3-Legged Junction
19. Oktober 2016 von OS
Gold Award 2016 in the Category Surface and Technology for the Bionic 3-Legged Junction
Auf der ‘Materialica 2016’, die im Rahmen der e-Move-Messe auf der expoMunich stattfand, wurden Prof. Thomas Speck & Dr. Tom Masselter (Plant Biomechanics Group (PBG) & Botanischer Garten, Universität Freiburg), Prof. Markus Milwich (Hochschule Reutlingen & ITV Denkendorf, Dipl.-Ing. Simon Küppers & Dipl.-Ing. Lena Müller (Insitut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) Denkendorf), Prof. Christoph Neinhuis (Institut für Botanik und Botanischer Garten, TU Dresden) und Prof. Maik Gude, Dipl.-Ing. Andreas Gruhl & Dipl.-Ing. Holger Böhm (Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK), Technische Universität Dresden) für die Entwicklung einer dreiarmigen Faserverbundverzweigung nach dem Vorbild der Verzweigungen des Drachenbaums mit dem ‘Materialica Design+Technology Gold Award’ in der Kategorie „Surface and Technology“ ausgezeichnet.
Inspiriert wurde die Entwicklung durch die Form und die innere Struktur der Verzweigungen des Drachenbaums (Dracaena marginata). Hierbei haben vor allem die Anordnung und der Verlauf der von mechanisch sehr stabilen, verholzten Faserbündeln begleiteten Leitgewebebündel im Bereich der Astanbindung die bionische Umsetzung beeinflusst. Diese Faserbündel zeigen eine lastadaptierte Anordnung und die in den Seitenast führenden Bündel umfassen vor ihrer Abzweigung den Hauptstamm typischer Weise um über 180°. Durch diese innere Struktur können die Seitenäste des Drachenbaums hohe Biegelasten aufnehmen und zeigen im Versagensfall ein gutmütiges Bruchverhalten. Hierbei kommt es zu mehreren Vorversagensereignissen, nach denen sich das System jeweils wieder stabilisiert, wodurch bis zum finalen Versagen große Energiemengen absorbiert werden können („Fail-Safe-Mechanismus“). All diese Eigenschaften, die in der Plant Biomechanics Group Freiburg untersucht wurden, und die ausgeprägte Fasermatrixstruktur des Drachenbaums (Abb. 1) machten diese Pflanzen zu einem idealen Ideengeber für die Entwicklung einfach und mehrfach verzweigter Faserverbundstrukturen.
Bei der Entwicklung des Geflechts und des Flechtverfahrens im ITV Denkendorf und im ILK der TU Dresden wurde nicht nur Wert auf einen optimal kraftflussgerechten Faserverlauf im Zwickel des Geflechts gelegt. Ziel war es darüber hinaus, ein Geflecht zu entwickeln, bei dem es möglich ist für die Verzweigungsäste in Summe mehr Fäden verwenden zu können, als im Hauptast vorhanden sind, ohne offene Faserenden im Bauteil zu haben. Diese hat den Vorteil Strukturen zu erzeugen, bei denen es einen durchgehenden Hauptpfad gibt von dem, ohne das Bauteil durch das Reduzieren der Faseranzahl im Hauptpfad bzw. durch offene Faserenden von hinzugefügten Fäden zu schwächen. Bei hinzugefügten Fäden würde es außerdem zu einer lokalen Überdimensionierung der Verzweigung kommen. Das Verfahren wurde zum Patent angemeldet (DE102013223154A1). Die potentiellen Anwendungsbereiche einer solchen verzweigten, geflochtenen Struktur (Abb. 2) sind vielfältig und umfassen beispielsweise Fahrzeug- und Maschinenbau, Luft- und Raumfahrt, sowie Architektur und Bauwesen – hier z.B. ausgegossen mit Leichtbauzement.
Danksagung: Das Projekt wurde/wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms SPP 1420 ‘Biomimetic Materials Research: Functionality by Hierarchical Structuring of Materials’ und des Sonderforschungsbereichs TRR 141 ‘Biological Design and Integrative Structures – Analysis, Simulation and Implementation in Architecture’ gefördert.
Weiterführende Informationen:
T. Masselter, L. Hesse, H. Böhm, A. Gruhl, H. Schwager, J. Leupold, M. Gude, M. Milwich, C. Neinhuis & T. Speck (2016): Biomimetic optimisation of branched fibre-reinforced composites in engineering by detailed analyses of biological concept generators. – Bioinspiration and Biomimetics 11(5): DOI:10.1088/1748-3190/11/5/055005
T. Speck & M. Milwich (2016): Faserbasierte Materialien und Strukturen in Biologie und Technik.- TextilPlus, 5/6: 6 – 10.
L. Müller, M. Milwich, A. Gruhl, H. Böhm, M. Gude, T. Haushahn, T. Masselter, H. Schwager, T. Neinhuis & T. Speck (2013): Biomimetically optimized branched fiber composites as technical components of high load capacity. – Technical Textiles, 56/5: 231 – 235.
Deutsche Version:
L. Müller, L., Milwich, M., Gruhl, A., Böhm, H. Gude, M., Haushahn, T., Masselter, T., Schwager, H., Neinhuis, C. & Speck, T. (2013): Biomimetisch optimierte verzweigte Faserverbundstrukturen mit hoher Tragfähigkeit. – Melliand Textilberichte, 2: 88 – 93.